
Sehr geehrter Herr Bürgermeister, Meine sehr geehrten Damen und Herren,
Haushaltsreden sind ein traditioneller Anlass einen Blick in die Vergangenheit zu werfen und ebenso einen Ausblick in die Zukunft zu wagen. So müssen wir denn auch feststellen, dass zwei Ereignisse das Jahr 2020 geprägt haben, das Wahljahr und die Corona Pandemie. Das Wahljahr war geprägt von eine Vielzahl von Ereignissen und ich möchte hier und heute noch einmal die Gelegenheit nutzen, mich bei den vielen Menschen bedanken mit denen ich in Kontakt und Austausch treten durfte. Wir Grünen haben diesen Kommunalwahlkampf mit dem besten Ergebnis der Geschichte der Grünen in Vreden abschließen können und danken für das Vertrauen. Das Ergebnis zeigt auch, dass es in Vreden eine wachsende Zustimmung für die ökologische und soziale Transformation unserer Gesellschaft gibt. Bei vielen Menschen ist die Erkenntnis gereift, dass es ein „weiter so“ angesichts der globalen Klimaprobleme nicht geben kann und verlangen Anstrengungen auch von der Kommunalpolitik, sich dem Klimawandel zu stellen und den Anstieg der globalen Erderwärmung zu reduzieren.
Mobilität, Digitalisierung, demographischer Wandel, Herausforderungen des Klimawandels und der Biodiversität, eine intakte Natur, eine gesunde, bäuerliche Landwirtschaft, Genera- tionengerechtigkeit, das alles gehört zu einer liebens- und lebenswerten Stadt. Als politisch Verantwortliche ist es unser Verfassungsauftrag, dafür zu sorgen, dass Menschen überall – ob in der Stadt oder auf dem Land – gute und gleichwertige Lebensverhältnisse vorfinden. In der Realität wird dieser Anspruch aber immer weniger eingehalten. Während die großen Städte boomen, verliert der ländliche Raum an Attraktivität.
Wenn wir es ernst meinen mit der Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse, dann müssen wir endlich den ÖPNV im Westmünsterland massiv ausbauen. Denn ohne Mobilität gibt es keine Teilhabe, Vredenerinnen* jedoch stehen die gleichen Teilhabemöglichkeiten zu wie Stadtlohnerinnen* und Ahauserinnen*. Und wir müssen die Chancen der Digitalisierung konsequent nutzen. Wer – wie die Forschungsministerin Anja Karliczek von der CDU – von vornherein meint, es brauche schnelles Internet „nicht an jeder Milchkanne“, der hat die Herausforderungen unserer Region nicht verstanden!
Fun fact am Rande: wenn die CDU in Vreden mit ihrem Haushaltantrag vom Ausbau von 5 G spricht hat sie offenbar die Vorlagen des Kreises nicht gelesen, denn genauso lautet die Vorlage für den Digitalausschuss des Kreises am 08. Februar dieses Jahres. Für den selben Sachverhalt erneut 20.000 Euro in die Hand zu nehmen halten wir nun doch für arg übertrieben - oder handelt es sich gar um einen reinen Schauantrag? Der Bundestagswahlkampf läßt grüßen.
Das gleiche gilt für den Telenotarzt; auch da hat der Kreis bereits vergeben.
Unsere Zeit ist mehr denn je geprägt von neuen Chancen und Risiken und den damit einhergehenden Herausforderungen, denen wir uns – auch auf kommunaler Ebene – stellen müssen. Diese Veränderungsprozesse beschleunigen sich stetig und die Zeit, um zukunftsfähige Entscheidungen zu treffen, verkürzen sich damit auch. Auch wenn es unbequem ist, Gewohntes in Frage zu stellen, Wertmaßstäbe anzupassen und neue Lösungen für neue Herausforderungen zu suchen, sollten wir den Mut zu Veränderungen aufbringen. Dazu sind wir unseren Nachkommen verpflichtet.
Eine dieser Herausforderungen, die in einem Ausmaß wie es zu unseren Lebzeiten noch nicht eingetreten ist, ist die Corona - Pandemie. Wohl niemand hätte zu Beginn des letzten Jahres erwartet, dass sich unser Leben durch dieses kleine Virus derart radikal verändern würde und das tägliche Leben derart auf den Kopf stellen könnte. Dabei gilt es zum einen die Schwachen unserer Gesellschaft zu schützen, aber auch gerade der jungen Generation Perspektiven zu bieten, um Bildung sicherzustellen und auf lange Sicht hin keine Ungerechtigkeiten zuzulassen. Junge Menschen dürfen nicht die leidtragenden der Corona Pandemie werden. Hier muss das Land Perspektiven bieten, wie Bildungschancen sichergestellt werden können.
Eines der dringlichen Probleme in Vreden sind sicherlich der knappe Wohnraum in Vreden. Aus den Wirtschaftswissenschaften ist uns bekannt: Angebot und Nachfrage bestimmen den Preis. So ist denn auch - wenn man die Wohnungsannoncen und die Mietpreise bewertet - in Vreden mittlerweile ein Preisniveau erreicht, dass sicherlich an größere Mittelzentren erinnert, als an eine Stadt in Randlage zu den Niederlanden. Hier ist die Stadt vehement gefordert, neben Einfamilienhäusern auch Alternativen zu entwickeln, die den Wohn- Bedürfnissen der Menschen entsprechen. Die These, die von der CDU immer wieder vernommen wird, dass sich alle Vredener*innen ein Einfamilienhaus wünschen, widerspricht
der Tatsache, dass Wohnungen in Mehrfamilienhäusern auch in Vreden rasch vermarket werden können, wie man am Beispiel Marienturm unschwer erkennen kann.
Mitten in der Stadt liegt nun auch eine Fläche, die darauf wartet erschlossen und bebaut zu werden: das Bierbaum-Gelände. Nun mag man sich darüber streiten, ob wir ein weiteres Einzelhandelsgeschäft brauchen oder nicht. Fakt ist jedoch, dass im letzten Jahr von der CDU die große Chance vertan wurde, auf diesem Gelände neben dem besagten Supermarkt auch Wohnbebauung durch den Eigentümer der Fläche Herrn Stroetmann zu realisieren. Diese Wohnbebauung hätte die angespannte Lage auf dem Wohnungsmarkt in Vreden entschärft und zu einer Preisentspannung beigetragen. Der Antrag der CDU das Bierbaum Gelände zurückzukaufen und gleichzeitig auf die zur Verfügung stehenden Mittel von über 11 Mio Euro im Haushalt hinzuweisen, lässt sprachlos zurück. Die Frage an die CDU sei erlaubt: Wieviel würden Sie denn für das Gelände ausgeben und daran schließt sich automatisch die Frage an: Welchen Preis wollen Sie realistischerweise für den Quadratmeter Preis erzielen? Sowie: Wie wollen Sie denn dann weitere Mittel für Gewerbegebiete und weitere Baugebiete aufbringen?
Eine über Jahre währende Debatte ist die Entwicklung der Innenstadt. Der im letzte Jahr herausgegebene und subventionierte Vredener Gutschein, stieß in der Bevölkerung auf gute Resonanz und war ein Erfolg auf der ganzen Linie. Wir begrüßen die Initiative den Gutschein in eine zweite Runde gehen zu lassen. Auch die Konzentration von Geschäften auf sogenannte A Lagen findet bei uns Anklang, hier kommen wir jedoch bei den Geschäftsstraßen auf eine andere Bewertung als die UWG. Auf jeden Fall handelt es sich hier um eine lohnenswerte Debatte.
Für weder ökonomisch noch ökologisch vertretbar halten wir den Beschluss für 1,7 Mio Euro Kunstrasenplätze in Vreden zu errichten. Besonders kritikwürdig ist für uns in diesem Zusammenhang, dass diese Investition sofort getätigt wird, aber das Lehrschwimmbecken auf die lange Bank geschoben wird. Nur zum Kostenvergleich Kunstrasenplätze mit einer Lebensdauer von 15 Jahren kosten - hochgerechnet auf die Nutzungsdauer des Lehrschwimmbeckens locker das Doppelte
Vor dem Hintergrund , dass jedes Kind schwimmen lernen sollte, da diese Fertigkeit lebensrettend sein kann, aber sicherlich lange nicht jedes Kind in den „Genuss“ des Kunstrasenplatzes kommen wird, bewerten wir die Entscheidung als klare Fehlinvestition.
Doch nun zum Haushalt: Unser Haushalt ist solide aufgebaut und haushälterisch ohne Frage im grünen Bereich. Die Verwaltung hat ordentlich, nachvollziehbar und sauber gearbeitet; wir danken dafür unserem Kämmerer Jürgen Buckting und seinem Team! Soweit, so gut. Doch die Zahlen allein sind letztlich nichts wert. Es kommt drauf an, wofür sie stehen. Wie die Stadt Vreden ihre Mittel einsetzt. Wir sind in der Pflicht unsere Stadt weiter
voranzubringen und nachhaltig aufzustellen. Nach Kriterien, die sozial, ökonomisch und ökologisch tragfähig sind; die eine gute Zukunft für uns und nachfolgende Generationen ermöglichen.
Update nach den Haushaltsberatungen
Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen stellte zum Haushalt 2021 zwei Anträge
- Unterstützung für Start up Unternehmen mit dem Hinweis auf eine Modernisierung der Wirtschaftsstruktur, für innovative Produktösungen mit Big Brother Programmen.
Dem konnte die CDU Fraktion leider nicht folgen.
- Einrichtung einer Stelle Klimaschutzmanagerin* als Stabsstelle in der Verwaltung zur Entwicklung eines Klimaschutzkonzeptes und einer Klimaschutzstrategie. Ferner obliegt der Klimaschutzmanagerin die Öffentlichkeitsarbeit, Budgetverwaltung und Projektmanagement sowie weitere öffentlichkeitswirksame Aktionen.
Diesen Antrag versah die CDU mit einem Prüfauftrag an die Verwaltung, die Fördermöglichkeiten einer solchen Stelle auszuloten.
Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen wertet dies als großen Erfolg ihres langjährigen Bestrebens, Klimaschutz in Vreden über den EEA Prozess hinaus zu implementieren.
Nachsatz
Obwohl im Haushalt finanzielle Mittel zu falschen Zwecken (Kunstrasenplatz) eingesetzt werden, haben wir uns daraufhin entschlossen, diesen Haushalt nicht abzulehnen, sondern uns der Stimme enthalten.